Bilder und Berichte 2019 - 2022
Bericht vom getanzten Weihnachtsoratorium am 3.12. in Halle
03.12.2022
Es ist Samstag vor dem 2. Advent. Aus dem Luthersaal der Johannesgemeinde in Halle ertönt das Weihnachtsoratoriums. Doch hier probt nicht etwa die Kantorei. In dem großen Saal tanzen ca. 30 Teilnehmerinnen aus Nah und Fern zu den bekannten Klängen von Johann Sebastian Bach. Viele der Teilnehmerinnen sind Wiederholungstäterinnen. Wer das Weihnachtsoratorium einmal tanzend für sich entdeckt hat, für den oder die gehört das getanzte Weihnachtsoratorium oft genauso zur Advents- und Weihnachtszeit wie für viele Chöre und Orchester. An diesem Nachmittag stehen Teile der Kantaten 1 bis 3 auf dem Programm, die ursprünglich am ersten, zweiten und dritten Weihnachtsfeiertag aufgeführt wurden. Ist es nicht ein wenig verfrüht, diese Teile in den Advent zu verlegen? Die Tanzanleiterin Simone Kluge von den Evangelischen Frauen in Mitteldeutschland erläutert: „Das Oratorium besteht nicht nur aus den Rezitativen, die die weihnachtliche Handlung vorantreiben. In den Arien und Chorälen, die von Wilma Vesseur bereits in den 80er Jahren choreographiert wurden, geht es um die inneren Bewegungen des Geschehens. Diese nachsinnenden und vergegenwärtigenden Melodien und Texte sind gut geeignet für die Wegbereitung in und durch den Advent.“
Das finden auch die Teilnehmenden, für die der Nachmittag eine Möglichkeit ist, um in die Adventszeit und diese himmlische Musik einzutauchen und ganz zu sich zu kommen. Eine Teilnehmerin sagt: „Für mich bedeuten die Tänze zum Weihnachtsoratorium, mich einzustimmen auf das Kommende, die Adventszeit zu fühlen und im Herzen zu bewegen.“ Eine andere Teilnehmende drückt das so aus: „Geist und Seele finden sich ein und kommen in Schwingung – gut in dieser Zeit mit so vielen Worten.“ Für eine andere bedeutet die Zeit „Einkehr, innerer Frieden und Gemeinschaft – es gibt mir sehr viel.“
Für die Tanzanleiterin Simone Kluge selber gehören die Tänze zum Weihnachtsoratorium bereits seit fast 20 Jahren zu jeder Advents- und Weihnachtszeit. Wie sehr dies für sie selbst dazu gehört, um sich auf diese Zeit der Erwartung einzustimmen, hat sie in den letzten beiden Jahren gemerkt: „In 2020 mussten wir die Tänze zum Weihnachtsoratorium komplett absagen. Für mich fehlte da ein wesentliches Element, um wirklich nachzuvollziehen und zu begreifen, was dort geschieht: Gott wird Mensch! Eine Botschaft, die auch nach 2000 Jahren nichts an Aktualität verloren hat.“
Bach hat diese Botschaft in eine Musik voller Symbolkraft übersetzt. „Mich beeindruckt es immer wieder, wie die Tänzerin und Choreographin Wilma Vesseur diesen Reichtum in Bewegung umzusetzen wusste. Es ist jedes Mal ein Erlebnis, wie diese Musik im Miteinander der Tänzer*innen immer wieder neu an Gestalt gewinnt…“, so Simone Kluge. Eine der Teilnehmenden sagt zum Abschied: „Ich liebe das Weihnachtsoratorium, die Musik ist unglaublich schön, aber es zu tanzen, ist noch viel schöner -ein wunderbares Gefühl.“ Eine andere: „Ich hab mich auf das Tanzen gefreut wie ein Kind auf Weihnachten.“
Vielen der Teilnehmerinnen ging es wie mir, die Erlebnisse klingen noch lange nach: "Ich habe das WO vorhin gleich nochmal bei meiner Küchenarbeit gehört - mit neuen Ohren…😊" Und eine andere schreibt: "Dir nochmals ganz herzlichen Dank für das wunderbare Tanzen gestern. Ich habe die schöne Musik und manche Tanzbewegungen immer noch in mir. :-)." Für eine der Teilnehmerinnen war das Tanzen ein ganz neues Erlebnis: "Ich möchte mich nochmal ganz herzlich bedanken, bin ja sozusagen blutige Anfängerin gewesen! Es war so schön, diese ergreifende Musik mit dem ganzen Körper zu spüren und auch " falsche Schritte" oder Bewegungen ohne strafende Blicke machen zu dürfen. Ich kenne das Weihnachtsoratorium sehr gut, aber es zu tanzen, unter deiner Anleitung und mit den Texten des Weihnachtsevangeliums, war ein ganz besonderes Erlebnis. DANKE."
Eine nächste Gelegenheit, das Weihnachtsoratorium tanzend zu erleben, bietet sich am 4. Advent im Kaiserdom zu Königslutter. Interessierte wenden sich bitte per Email an Simone Kluge.